Mike McBike @ Home / Arcade Reps Teil 7 / Gradius III


{Gradius III Wiederbelebung} Heute mal eine Erfolgsgeschichte, die ich so nicht erwartet hätte: Konami Gradius III. Ein Monster aus zwei 68000 CPUs, jeder Menge Customs und so dicht bestückt, dass man die Leiterbahnen kaum noch sieht - die im Übrigen meist nur haardünn sind. Hier mal die hoch auflösenden Platinenfotos:

Gradius III

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Diese Platine ist mittlerweile ziemlich wertvoll, wenn sie läuft... Und normalerweise fasse ich Platinen mit 68000ern nicht an, aber hier habe ich mal eine Ausnahme gemacht. Das Drama in Kürze: zwei 68000er mit massiven Kontaktproblemen, ein defekter Bustreiber, ein defektes RAM und kein Schaltplan.

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So kam die Platine bei mir an: beide CPUs im Schlafmodus, Datenbusse hochohmig. Bei so einem wertvollen Stück kitzelte mein Ehrgeiz. Die Videosektion geht zumindest, die CPU räumt aber nicht mal den Bildschirmspeicher auf. Beide 68000er zucken nicht mal, Master-CPU-Reset/Halt geht nach wenigen 100ms ordnungsgemäß auf High.

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Wenn 68000er garnicht mitspielen wollen, dann ist (wenn sie nicht defekt sind) irgendwas am Adress-/Datenbus im Argen, das Programm-ROM wird nicht richtig abgefragt. Das Fiese bei den 68000ern: die machen dann genau nichts. Und wo nichts läuft, kann man eben auch schlecht messen. Aber die Platine ändert ihr Verhalten sporadisch, wenn man sie verbiegt. Manchmal springt dann der Master-68000 kurz an. Ich klingle die Verbindungen zwischen ROM und CPU durch und finde eine Unterbrechung!

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Die B-CPU ist noch schlimmer dran: da hat schon mal wer alles ausgelötet und einen Sockel gepfriemelt. Mein Stereomikroskop zeigt mir nichts Gutes, auch hier dürften diverse Unterbrechungen lauern...

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Nachdem die Adressleitung A5 stabil war, wurde das Bild schon etwas aussagekräftiger.

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Um jetzt allen Spekulationen ein Ende zu machen, hab ich die ROMs neu gesockelt und dabei alle Adress- und Datenleitungen drchgeklingelt.

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Sockel sauber entfernt.

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Hier sieht man die haarfeinen Leiterbahnen genauer:

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Uns sauber neu bestückt - die Sockel fallen jetzt schon mal als Fehlerquelle aus!

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A4 war auch unterbrochen.

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Mit viel Glück und Druck auf die Slave-CPU kommen wir jetzt schon mal (manchmal) zum Speichertest.

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Der Tausch von Video-RAM R03 ist geradezu ein Kindergeburtstag.

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Was mich irre macht, ist die nur sporadische Mitarbeit vom CPU B. Auch hier liegen massive Wackler vor - aber wie findet man die zielgerichtet ohne Schaltplan? Ganz einfach! Bei entfernter CPU (die ist ja gottseidank gesockelt) misst man mit dem Ohmmeter jeden Pin gegen Masse oder +5V. Wirklich jeder angeschlossene Pin sollte bei dieser Messung irgendeinen Wert bis hin zu 3MOhm zeigen. Wenn das Messgerät eine völlige Unterbrechung anzeigt, dann hat der Pin keinen Kontakt.

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Dass manche Pins tatsächlich nicht verbunden sind, ist normal. Man benötigt nicht alle Pins des 68000ers. Aber bei Pin 10 sollte das nicht so sein: DTACK# ist für die Buskommunikation wichtig. Voila! Unterbrechung gefunden, gefädelt, gelöst. Und ja, das RAM an R03 geht jetzt. Und die CPU B springt jetzt immer brav an, sobald die Master-CPU ihren Reset freischaltet.

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Das Video-RAM auf D27 macht es einem nicht leicht. Der RAM Tausch behebt das Problem nicht. Ein Datenbusbit ist stuck high.

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Ohne Schaltplan muss man mühsam die Verbindungen suchen. Das dauert. Ein Multiplexer ist mit in der Kette und liefert ein halblebiges Signal.

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Der war's aber nicht... Verursacher ist ein Bustreiber. Der ist zwar tatsächlich defekt, aber der Tausch löst das Problem nicht, da es noch eine weitere Datenbusunterbrechung zur CPU gibt. Fies, denn zum ROM hatte ich alles getestet.

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Jetzt steigt die Spannung:

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Alle RAMs und ROMs sind brav...

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Testgrid...

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Uff! Der Lohn von diversen Stunden Fummelarbeit! Jetzt bin ich doch froh, dass ich mir diese Platine angetan habe!

Gradius III

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Und das Fazit? Große Platinen mit 68000er CPUs habe ein Problem: die Leiterplatten sind recht flexibel - die CPUs mit ihren 64 Beinchen nicht. Verbiegt man die Leiterplatten zu stark, dann nehmen die mechanischen Spannungen auf die äußeren Beinchen stark zu, bei sehr dünnen Leiterbahnen reißen die Kontakte. Und wie man hier deutlich sehen kann, sind die äußeren Pins an den Ecken der CPU betroffen.

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Ich habe viel gelernt, ihr hoffentlich auch! Und das Gefühl, eine einst tote Gradius III wieder funktionierend auf dem Labortisch zu haben, ist fast unbezahlbar. ;-)


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